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Franz Lehrndorfer - LIVE: Eröffnungskonzert (1994)

Artikel-Nr.: Vol. 14
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Als am Weißen Sonntag, dem 10. April 1994, die von Orgelbau Georg Jann / Allkofen erbaute neue Münchner Domorgel eingeweiht wurde, ging ein lang gehegter Wunsch von Prof. Franz Lehrndorfer in Erfüllung, der damals schon 25 Jahre (seit 1969) als Domorganist am Münchner Liebfrauendom tätig gewesen war. Am Vormittag des Weihetags hatte Kardinal Friedrich Wetter dem Instrument den kirchlichen Segen erteilt, am Nachmittag spielte Lehrndorfer das erste Konzert auf der neuen Orgel, das vom Bayerischen Rundfunk mitgeschnitten wurde und auf der vorliegenden CD dokumentiert ist. Im restlos überfüllten Dom mussten viele Besucher mit Stehplätzen im Mittelgang oder in den Seitengängen vorliebnehmen, eine Sonder-Situation, die sich freilich auf die Akustik positiv auswirkte, weil dadurch der Nachhall deutlich gemindert wurde.

Bei der Planung der neuen Domorgel war zeitweise eine Aufstellung in einer der Seitenkapellen erwogen worden (in Form von zwei schlanken Türmen), um der extremen Nachhallproblematik des Raumes entgegenzuwirken, doch setzte sich schließlich für die Hauptorgel der traditionelle Aufstellungsort auf der Westempore durch. Auch die neue Andreasorgel behielt den bisherigen Standort über dem Brautportal bei. Im Gegensatz zum Vorgängerinstrument musste die neue Hauptorgel das rückwärtige Lanzettfenster nicht freihalten, woraus sich eine für die Klangabstrahlung günstigere Pfeifenaufstellung ergab. Außerdem wurden Orgel und Empore nach vorne gezogen, sodass nun mehr Direktschall den Raum erreicht und sich die Distanzen zum Hörer bzw. zum Gottesdienstbesucher ein wenig verkürzen. Dennoch bleibt der Umgang mit bis zu 11 Sekunden Nachhall eine Herausforderung für jeden Organisten. Franz Lehrndorfer vermochte es wie kein anderer, durch das Setzen von Zäsuren und durch entsprechende Artikulation sein Spiel an die extreme Überakustik des Raumes anzupassen und dadurch größtmögliche Klarheit zu erzielen. Viele Jahre lang plädierte er immer wieder für schallabsorbierende Maßnahmen, drang damit jedoch leider nicht durch.

Der gewissermaßen »klassische« Werkaufbau der Domorgel hat ein Vorbild u. a. in der berühmten Stellwagen-Orgel des 17. Jh. der Marienkirche von Stralsund, an deren Wiederaufbau (nach der kriegsbedingten Auslagerung) Georg Jann als junger Orgelbauer in den 1950er Jahren mitgearbeitet hatte. Die Größenverhältnisse der Stralsunder Kirche, wie der Münchner Liebfrauendom ein spätgotischer Backsteinbau, erinnern an die in München. Das Hauptgehäuse wird beidseits von zwei großen Pedaltürmen flankiert (in München mit dem Principalbass 32ˈ ab D im Prospekt). Davor steht ein 8ˈ-hohes Rückpositiv, dahinter das Oberwerk. Zuoberst sitzt das Schwellwerk, unmittelbar darunter die für den Betrachter unsichtbaren Chamade-Register.

Die Disposition der Register, die über die Klangaussage einer Orgel entscheidet, trägt den musikalischen Anforderungen einer Kathedrale Rechnung: Vermag die Orgel einerseits majestätischen Glanz, Kraft und Fülle zu entfalten – wobei vor allem die Bässe beeindrucken -so stehen andererseits viele ausdifferenzierte Einzelstimmen zur Verfügung, die eine breite und inspirierende Klangvielfalt bereit halten. Wie Orgelbaumeister Georg Jann in seinem Beitrag zur Orgelweih-Festschrift betont, waren ihm die deutsch-romantischen Streicherstimmen in der Tradition von Friedrich Ladegast (1818–1908) ein besonderes Anliegen. Aber auch die Zungenchöre der französischen Orgelsymphonik durften nicht fehlen.

Im Programm des Einweihungskonzerts kombinierte Lehrndorfer deshalb Standardwerke der Orgelliteratur mit Werken, die stilistisch stärker ausgeprägt sind. Stellt die einleitende Lully-Bearbeitung einen feierlich-festlichen Einstieg dar, so ist sie gleichzeitig bezeichnend für Lehrndorfers gern und oft gepflegte Praxis, Barockmusik verschiedener Besetzungen für die Orgel zu adaptieren. (Die Lully-Bearbeitung ist – nebst vielen anderen aus seiner Feder – im Münchner opus-Verlag erschienen). Mit der Toccata per l’Elevazione (für die Wandlung) von Frescobaldi taucht man in jene mystische Atmosphäre ein, die normalerweise nur an italienischen Orgeln mithilfe des Registers Voce umana, einer Principalschwebung im Diskant, zu erzielen ist (bei der Domorgel im Rückpositiv disponiert). Die Suite im 2. Ton von Louis-Nicolas Clérambault, ein eigentlich zur Alternatim-Aufführung des Magnificats bestimmtes Werk, lenkt die Aufmerksamkeit auf das Vorhandensein »klassisch-französischer« Elemente in der Domorgel, welche eine klanglich authentische Aufführung ermöglichen und garantieren. In Bachs d-Moll-Toccata kommt die ganze, erschütternde Wucht der Jann-Orgel zum Tragen. Auch Liszts Präludium und Fuge über den Namen B-A-C-H, ein Schlüsselwerk der deutschen Orgelromantik, wird von verschiedenartigen, machtvollen Tutti-Klängen dominiert, während die kontrastierenden piano-Teile die pastellartigen, romantischen Farben der Domorgel zur Geltung bringen. Max Reger, einer der Lieblingskomponisten Lehrndorfers, durfte natürlich im Programm nicht fehlen. Lehrndorfer entschied sich für das kleine Benedictus op. 59/9, dessen verinnerlichte Anfangs- und Schlusspassagen ein Fugato einrahmen, das sich bis zum Organo Pleno steigert, um danach wieder ins p zurückzusinken. Messiaens Dieu parmi nous, das populäre und zugleich grandiose Schlussstück des neunteiligen Zyklus‘ La Nativité du Seigneur aus dem Jahr 1935 hatte der junge Lehrndorfer schon kurz nach dem Krieg studiert und gespielt, als Messiaen in Deutschland noch kaum bekannt war. Die abschließende Toccata mit im Staccato repetierenden Manualakkorden und gravitätisch absteigenden Basslinien ist in ihrer Wirkung auf einen großen Raum zugeschnitten und kommt daher im Liebfrauendom bestens zur Geltung. Wie die meisten Konzerte Lehrndorfers endete auch das Einweihungsprogramm für die neue Domorgel mit der Königsdisziplin der Organisten, einer freien Improvisation. Die Wahl des Lied-Themas Sagt an, wer ist doch diese muss man als bewusste musikalische Reverenz an die Patronin des Liebfrauendoms, die Gottesmutter Maria, verstehen. In kunstvollen, expressiven, aber auch technisch anspruchsvollen Variationen steuert Lehrndorfer auf den Höhepunkt zu, eine meisterliche Fuge und danach eine äußerst farbig harmonisierte, in vollem Orgelklang dargebotene Schlussstrophe. Mit der Zugabe, dem melodisch-schlichten As-Dur-Largo aus Bachs Cembalokonzert BWV 1056 (Bearbeitung Franz Lehrndorfer), wird die zuvor erreichte Spannung wieder zurückgenommen, und das Programm endet mit einem ruhigen, harmonischen Ausklang.

 

Klemens Schnorr

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